Wie sieht es mit der Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland aus?

Wie sieht es mit der Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland aus?<br><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/theorie_120.png"/>

Vorweg: Weiterbildung ist auch ein zentrales Thema für „Unterwegs in die Arbeitswelt“, denn 1,5 Millionen junge Erwachsene im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keinen Berufsabschluss. Ebenfalls ist der direkte Übergang von der Schule in die Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. In beiden Fällen ist Weiterbildung ein zwingender Weg, Kompetenzen zu erlangen, zu erweitern und vor allem zu formalisieren.

In Abständen von einigen Jahren wird immer wieder die Weiterbildungsbeteiligung genauer unter die Lupe genommen. So auch in diesem Jahr. Es sieht so aus, als lassen sich keine genauen Aussagen treffen. Die Spannbreite je nach Quelle ist unterschiedlich. Ebenso werden keine Unterschiede betreffend der qualitativen Bewertung von Weiterbildungsmaßnahmen sowie einer Verwertbarkeit der Weiterbildung berücksichtigt.

Laut der Untersuchung des deutschen Weiterbildungsatlas nehmen im Durchschnitt 13,5% der Bevölkerung an Weiterbildung teil (Bürmann & Frick, 2015, S. 12). Die Weiterbildungsbeteiligung steigt seit 2010 kontinuierlich, weshalb im AES-Trendbericht von einer „Weiterbildungsexpansion“ gesprochen wird (BMBF, 2015, S. 144). 2014 nahm mit 51% der Erwerbsbevölkerung jede/r Zweite an Weiterbildung teil, was die bisher höchste Beteiligung darstellt. Das Segment der betrieblichen Weiterbildung ist hier Spitzenreiter. Die wachsende Teilnahme ging aus den Gruppen der 19- bis unter 35-jährigen und der 50- bis unter 65-jährigen hervor; hingegen die Teilnahme der Gruppe 35- bis unter 50-Jährigen stagnierte.

Auch immer mehr Geringqualifizierte und Personen mit Migrationshintergrund nehmen an Weiterbildung teil (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2016, S. 8, 159). Dennoch blieb der Abstand dieser Gruppe zur Teilnahme von Personen ohne Migrationshintergrund bestehen. Entscheidende Faktoren für die (Nicht-)Beteiligung sind die Merkmale Migration, Bildungs- und Ausbildungsstand sowie Erwerbsstatus. Dieser Zusammenhang besteht schon seit längerem und wird in der folgenden Abbildung illustriert (Gilfert, 2008). Die Grafik spiegelt keine absoluten Werte wieder, sondern stellt die Angaben relativ zueinander dar. Hinzu kommt die regionalspezifisch unterschiedliche Weiterbildungsinfrastruktur, denn in ländlichen Regionen befinden sich weniger Bildungseinrichtungen und damit weniger Anreizstrukturen zur Weiterbildung (ebd., S. 15).

WB Beteiligung Gilfert
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Zusammenfassend bestehen trotz der Notwendigkeit von Weiterbildung und lebenslangem Lernen für (potenzielle) Weiterbildungsnachfragende und –teilnehmende mehrere Hürden auf dem Weg zur individuell passenden Weiterbildung.

Spiegel Online berichtet im Juli 2016 allerdings, dass die „Lust auf Weiterbildung und lebenslanges Lernen sinkt“. So würde im Schnitt jeder achte Deutsche über 25 Jahre mindestens einmal pro Jahr an einer Weiterbildung teilnehmen (12,3 Prozent). Dabei gibt es ziemlich starke regionale Unterschiede. Besuchen in Prignitz (Brandenburg) nur 2,9 Prozent der Einwohner eine Weiterbildung (beruflich oder allgemein) im Jahr, so sind es in Darmstadt knapp 8-mal so viele. Nämlich 23,1 Prozent. „Weiterbildungschancen in Deutschland sind regional zu ungleich verteilt. Damit wird Chancengerechtigkeit bei beruflichem und sozialem Aufstieg eingeschränkt“, so Jörg Dräger zu den Ergebnissen der neuen Weiterbildungsstudie der Bertelsmann Stiftung.

Anders als im ersten Teil des Beitrages fällt auf, dass in vielen Bundesländern die Weiterbildungsquote gesunken ist. Im bundesweiten Durchschnitt scheint die Beteiligungsquote auch zurück zu gehen (12,6 Prozent in 2012 auf 12,3 Prozent in 2013). „Ein generell hohes Qualifikationsniveau der Bevölkerung und eine gute wirtschaftliche Lage führen demnach zu höheren Teilnahmequoten“ ist in der Studie zu lesen. Das deckt sich wiederum mit unseren Erhebungen zu Beginn des Beitrages. Allerdings weisen die Autoren hier auch auf qualitative Aspekte der jeweiligen Weiterbildungsangebote hin, die „auf den örtlichen Bedarf zugeschnitten sein muss“. Die Zahlen zur Weiterbildungsbeteiligung weichen allerdings so stark voneinander ab, dass wir doch genauer auf die Grundlage der Datenerhebung schauen müssen. Mehr Infos zu der Studie der Bertelsmann Stiftung und der DIE finden sich unter https://kreise.deutscher-weiterbildungsatlas.de/

©2016 Achim Gilfert. Dieser Beitrag ist zur Weiterverbreitung nach den in diesem Blog veröffentlichten Regeln zum Urheberrecht veröffentlicht. Diese Regeln finden Sie hier: Urheberrechtshinweise.

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